Ihr Name ist eine Marke, die Erwartungen weckt. Davon will sich
Marianne Rosenberg befreien – mit neuer CD und DSDS. Ein Gespräch über
Schlager und Berlin.
Makellos. So will Marianne Rosenberg zumindest aussehen. Immerhin ist über sie und ihre Musik schon viel Schlechtes geschrieben worden. Für das Interview im Schwarzen Café in der Kantstraße kommt sie deshalb mit Make-up-Artist. Foto: Davids/Gregor Fischer
Früher kam sie nachts her. Mit Rio Reiser nach dem Besuch im Club.
Heute sitzt sie da mit einer Tasse Kaffee. Entkoffeiniert, es ist schon
Nachmittag.
Das Schwarze Café in der Charlottenburger Kantstraße
ist eines der Lieblingslokale von Marianne Rosenberg: Im Schaufenster
gen Straße ein Papagei aus bunten Leuchtröhren, drinnen schwarze Wände,
die rote Sitzbank zusammengehalten mit schwarzem Klebeband, eine Kerze
auf jedem Tisch – hat sich das Café gewandelt seit damals? „Nicht viel“,
sagt sie. „Manchmal sehen die Leute hier aus wie in den 80er Jahren.
Dann habe ich ein Déjà-Vu und das Gefühl, nur ich hätte mich seitdem
geändert.“
Für das Foto perfekt gestylt und bepinselt,
sitzt Rosenberg – im Promoflyer als „Deutschlands einzige Diva“ gefeiert
– in einer Ecke des Cafés am Fenster. Flankiert von Make-up-Artist und
PR-Frau, blickt die Diva in den Raum: Rosenberg sieht, wer kommt und wer
nicht kommt. Wo bleibt der Fotograf? Wird er sich an die Licht-Vorgaben
des Managements halten? Er wird. Die Café-Stimmung bleibt.
Düster findet Rosenberg die Atmosphäre im Schwarzen Café nicht, sei doch
angenehm zum Quatschen. Also quatschen, über ihre neue CD „Das Leben
ist schön“, die gar nicht Rosenbergs neue CD ist, sondern die von
„Schattenherz“. Wie ist das zu verstehen? „Die Musik, die zusammen mit
Dirk Riegner entstanden ist, hatte immer weniger mit Rosenberg zu tun“,
erklärt sie. „Aber die Leute haben eine Erwartung an die Marke
Rosenberg.“ Sie wolle niemanden in eine Falle laufen lassen, habe sich
aber weiterentwickelt. Deshalb sei die am Freitag veröffentlichte CD
unter dem Namen „Schattenherz“ erschienen: Zwölf Lieder, 53 Minuten
Elektropop mit düsterer Note. „Mystic-Glam-Pop“ nennt Rosenberg selbst
den Stil. Der Name stammt aus dem Lied: „Wach auf!“: „Wie Schnee, wenn
er ans Fenster fällt, den Raum verdunkelt, nicht erhellt, dunkelt unser
Schattenherz“, heißt es in dem Lied. Es geht um Burnout. „Man kann vor
dem Burnout auf die Bremse drücken“, sagt Rosenberg, „versuchen, Dinge
zu verändern, bevor die Lampe durchbrennt.“
Die 58-Jährige weiß,
wovon sie singt. Mit 13 entdeckt, mit 14 die erste Platte, mit 15,
begleitet von Diätplan, Schneider und Sprachtrainer zum
Gesangswettbewerb nach Rio. Und immer wieder Grandprix-Vorentscheid:
Ihren Beitrag „Blue-Jeans-Kinder“ von 1982 nennt sie heute „scheußlich“.
Die Ralph-Siegel- Komposition landete auf Platz 8. Schlagerhoffnungen,
Schlagerenttäuschungen waren mit dem Namen Rosenberg verbunden. Der
Kellner bringt einen Teller mit Humus und Oliven, dazu ein Körbchen mit
Brot. Das Körbchen rührt sie nicht an, isst Kichererbsencreme und Oliven
pur mit der Gabel.
Wie ist das, sich für jede neue Stil-Nuance
rechtfertigen zu müssen? „Für die Öffentlichkeit muss man sich immer
Argumente zurechtlegen. Für mich selbst spielt das keine Rolle. Ich habe
nicht immer die Wahnsinns-Message oder den tiefgründigen Gedanken, wenn
ich Musik mache“, sagt Rosenberg. Ihre Musik entstehe spontan,
intuitiv, ohne Kalkül.
Allerdings wird die Sängerin nun Teil
einer Show, die ganz auf Kalkül setzt: Sie ist neues Jury-Mitglied von
„Deutschland sucht den Superstar“. Bislang kritisierte sie Sendungen wie
diese als „Menschenverachtungsmaschinen“. Einen Sinneswandel sieht
Rosenberg darin nicht. Man habe ihr versprochen, den jungen Künstlern
mehr Selbstbestimmung bei Songauswahl, Klamotten und Choreografie
zuzugestehen, sagt sie und ergänzt, mehr gebe es dazu nicht zu sagen.
Dann schlägt der Humus zu: Rosenberg klagt über Magenschmerzen. „Was
hab ich da eigentlich gerade gegessen?“ Ihr wird geraten, viel Wasser
hinterherzutrinken.
Für die Dreharbeiten der RTL-Casting- Show
wird Rosenberg wiederholt nach Köln fahren müssen. Sie sei in ihrem
Leben viel gereist, sagt sie. „Aber ich habe immer in Berlin gewohnt.
Jedes Mal, wenn das Flugzeug bei der Rückkehr über Berlin kreiste, hat
sich Heimatgefühl eingestellt.“ Es passt, dass die gebürtige Berlinerin,
die „Kanaille“ und „Kokolores“ sagt, ihr Album morgen gerade am
Tauentzien im Europacenter vorstellen wird. Nicht weit vom Schwarzen
Café entfernt im alten, neuen Berliner Westen.
Show und Autogrammstunde am Sonntag ab 14.30 Uhr im Saturn am Europacenter, Tauentzienstraße 10, Charlottenburg.
Quelle: Der Tagesspiegel - Berlin von